Rechtsruck in Italien?

Die Italiener haben ein neues Parlament gewählt. Klarer Sieger ist Giorgia Meloni und ihre postfaschistische Partei Fratelli d’Italia. Das gesamte rechte Lager kommt auf 44 Prozent, ein Zuwachs von knapp sieben Prozent. Ist das der erwartete Rechtsruck? Ja und Nein!

Ja, weil das rechte Lager klar vor dem linken Lager, dem Zentrum und der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung liegt und künftig die Regierung stellen wird. Das Wahlrecht macht es möglich, dass die 44 Prozent für eine absolute Mehrheit in beiden Kammern ausreichen. Der tatsächliche Rechtsruck wird aber erst noch kommen, nämlich durch die Regierungsarbeit. Italienische Regierungen gelten zwar eher als instabil und zerbrechen schon einmal gerne vor dem Ende einer Legislaturperiode. Darauf bauen kann man allerdings nicht. In der Europa- und Asylpolitik ist ein klarer Ruck nach rechts zu erwarten. Geplant ist auch der Umbau des Staates hin zu einem mehr präsidialen System. Eine derart tiefgreifende Veränderung benötigt einige Zeit, ob die Regierung diese haben wird, wird sich zeigen. Zudem würde die Regierung dazu noch die Unterstützung von Teilen der Opposition benötigen, da hierfür eine Zwei-Drittel-Mehrheit erforderlich ist. Das rechte Bündnis wird klar durch Fratelli d’Italia dominiert werden. Lega und Forza Italia sind auf einstellige Ergebnisse abgestürzt. Die Liste der „Moderaten“ liegt bei nicht einmal einem Prozent.

Nein, weil die Italienerinnen und Italiener, sofern sie zur Wahl gegangen sind, nicht mehrheitlich rechts gewählt haben. Mitte-links, Zentrum und Fünf-Sterne kommen zusammen auf mehr Stimmen als das Rechtsbündnis. Aufgrund des komplexen Wahlrechts reichte dies nicht zur Verhinderung einer rechten Mehrheit. Das war allerdings fast das einzige Wahlargument der christlich-sozialdemokratischen PD. Mit knapp 19 Prozent konnten sie ihr schwaches Ergebnis kaum verbessern. Dagegen sein hat sich als Programm ist eben nicht genug. Gescheitert, aber stärker als erwartet schnitt die liberale Liste Piú Europa (Mehr Europa) ab. Mit 2,8 (Kammer) bzw. 2,9 (Senat) Prozent konnte sie die Drei-Prozent-Klausel erneut nicht überschreiten. Im Vergleich zu den Umfragen, die sie tlw. unter zwei Prozent sahen, ein respektables Ergebnis. Allerdings: Die Spitzenkandidatin Emma Bonino konnte ihren Wahlkreis überraschend nicht gewinnen. Die Partei wird nur durch zwei direkt gewählte Abgeordnete in der Kammer vertreten sein.

Das Zentrum, ein Bündnis aus der Partei von Ex-Wirtschaftsminister Calenda, der Partei von Ex-Ministerpräsident Matteo Renzi und den alten Republikanischen Partei, holte rund acht Prozent. Von dem erhofften zweistelligen Ergebnis sicherlich etwas entfernt, aber noch über den Umfragewerten von 5-7 Prozent.

Die Lehre aus der Wahl: Die Demokratische Partei (PD) muss mehr bieten als eine rechte Mehrheit verhindern zu wollen. Für eine Partei, die die Führung übernehmen will, ist das einfach zu wenig. Die Entscheidung Linksaußen einzubinden und damit das Zentrum zu verprellen, hat sich nicht gerade als erfolgreich herausgestellt. Die Parteien der Mitte müssen ihre persönlichen Grabenkämpfe beenden und künftig gemeinsam antreten – diesmal sind drei Prozent der Wählerstimmen verloren gegangen. Ein Zentrum mit über zehn Prozent hätte ein ganz anderes Gewicht.

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