Europawahl 2009 – Ergebnisse

Europa hat gewählt oder zumindest 42,9% der Wahlberechtigten. Sieger der Wahlen sind in erster Linie die rechten Europaskeptiker, ihnen werden derzeit 68 Sitze vorausgesagt. Aber auch die Grünen konnten überraschend zulegen, ihre Fraktion wird wahrscheinlich 51 statt 43 (2004) Mitglieder umfassen.
Klarer Verlierer der Wahlen sind die Sozialdemokraten (PES), die nur noch über 184 statt 217 Sitze verfügen. Auch die Liberalen müssen leichte Verluste hinnehmen, sie verfügen derzeit über 84 Abgeordnete bzw. 11,4% (2004: 12,6%). Die endgültige Zusammensetzung der Fraktionen steht derzeit noch nicht fest.

Auch diese Europawahl war im großen und ganzen eine Abstrafung der Regierungen. Die sozialdemokratischen Regierungsparteien in Großbritannien und Ungarn stürzten derart ab, dass sie nicht mal mehr auf 20% der Wählerstimmen kamen. In Irland musste die irisch-republikanische Fianna Fáil ihr schlechtestes Ergebnis in der Parteigeschichte verkraften.
In Deutschland und Österreich kamen die Sozialdemokraten auf kaum mehr als 20%, in Estland stürzten sie auf unter 10% (2004: 36,8%) ab.

Überraschungen gab es auch diesmal genügend bei der Europawahl. In Estland schaffte es ein unabhängiger Kandidat gar auf Platz zwei, die aus Ungarn stammende rechtextreme Partei Jobbik zog nicht nur ins Europaparlament ein, sondern gleich mit 14% und drei Sitzen, einen weniger als die Sozialdemokraten. In Frankreich überraschten die Grünen mit einem Ergebnis von über 16% und nur knapp hinter den Sozialisten. Die Demokratische Bewegung (MoDem) François Bayrou überraschte dagegen mit einem mäßigen Ergebnis von nur 8,5%. In Umfragen konnten sie mit bis zu 14% der Stimmen rechnen.

In Österreich blieb ein richtiger Rechtsruck aus. Zwar legte die rechtspopulistische FPÖ kräftig zu, blieb aber mit 13,1% deutlich unter den Erwartungen, die gemäßigtere rechtspopulistische Partei BZÖ scheiterte sogar am Einzug ins Europaparlament. Sieger hier war der ehm. SPÖ-Spitzenkandidat Hans-Peter Martin, der erneut mit seiner eigenen Liste antrat und auf fast 18% kam – dabei war bis März/April nicht mal klar, ob er überhaupt noch mal antritt.

In Großbritannien erlitt die regierende Labour-Partei erwartungsgemäß eine herbe Niederlage, nur noch Platz 3, hinter den Konservativen und Europaskeptikern und nur knapp vor den Liberalen. Überraschend war jedoch der Einzug der rechtsextremen British National Party (BNP); sie konnten zwei Sitze erobern, genauso viel wie die Grünen, die sich in eigenen Umfragen schon bei 15% sahen.

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Europawahl 2009 – Eine Voranalyse

Vom 4. bis 7. Juni dieses Jahres wählen die wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger der Mitgliedstaaten der Europäischen Union ein neues Europaparlament. Zumindest theoretisch. Praktisch nur ein sehr beschaulicher Anteil dieser Gruppe. Lediglich in Staaten mit Wahlpflicht, wie Luxemburg, dürfte die Wahlbeteiligung die 100% annähernd erreichen. Andernorts dürfte das Überspringen von 50% Wahlbeteiligung schon als Erfolg gelten.

Diese Ungewissheit über die Wahlbeteiligung macht eine Analyse zum Ausgang der Europawahlen schwer – egal ob jetzt oder am 1. Juni. Bei der letzten Wahl (und den sog. by-elections nach der Osterweiterung 2007) konnte man eines feststellen: die jeweiligen Regierungsparteien bekamen in der Regel die Quittung für nationale Politik. Eine andere Wählergruppe, die Europaskeptiker oder gar -feinde wählen bei der Europawahl dezidiert europakritische Parteien, die sie bei nationalen Wahlen eher nicht wählen würden. Auch das stellt eine Problematik bei einer Voranalyse dar. Eine weitere Gruppe, die Europabegeisterten, können ebenfalls bei Europawahlen anders wählen, als bei nationalen Wahlen. Das hat vor allem den polnischen und ungarischen Liberalen bei der letzten Wahl geholfen, trotz schlechter Umfragewerte ins Europaparlament einzuziehen.

Trotzdem werde ich versuchen, vom aktuellen Stand aus, eine Prognose für die kommende Europawahl abzugeben. Grundlage dafür sind Umfragen zu Wahlen der nationalen Parlamente und des Europaparlaments und die innenpolitische Entwicklung seit der letzten Europawahl. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass Umfragen aus (süd-)osteuropäischen Staaten häufig ungenau sind und Nichtwähler sowie Unentschlossene im Gesamtergebnis beinhalten. An diesen Umfragen kann maximal die Reihenfolge der Parteien und die Stimmung abgelesen werden. Die (alphabetische) Reihenfolge der vorzustellenden EU-Staaten erschließt sich aus den englischsprachigen Bezeichnungen der Länder.

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