Norwegen bestätigt rot-rot-grün

Bei den am Sonntag und Montag stattgefundenen Reichstagswahlen in Norwegen konnte sich die Koalition aus Sozialdemokraten (Ap), grünen Sozialisten (SV) und grün-agrarischem Zentrum (Sp) gegen die bürgerlichen Parteien durchsetzen. Den ersten Platz verteidigten die Sozialdemokraten von Statsminister (Ministerpräsident) Jens Stoltenberg. Mit 35,4 % (+2,7) der Stimmen blieb die Ap deutlich vor der rechtspopulistischen Fortschrittspartei (Frp), welche 22,9 % (+0,9%) erreichte.

Wahlsieger waren neben den Sozialdemokraten vor allem die gemäßigten Konservativen (H) von Erna Solberg. Mit einem Zuwachs von 3,1 % bzw. 17,2 % konnten sich die Konservativen vom Tief der letzten Wahl erholen. Verlierer waren vor allem die kleinen Parteien. Die mitregierenden Sozialisten verloren 2,6% und kommen nun nur noch auf 6,2%, knapp vor der Zentrumspartei (6,2% / -0,3%). Die Christliche Volkspartei (KrF) kommt nun nur noch auf 5,5 % (-1,2%), die sozialliberale Venstre (V) schaffte mit 3,9 % (-2,0%) nicht mehr den Sprung über die 4%-Hürde und ist nur noch mit zwei Direktmandaten im Storting (Reichstag) vertreten. Der ehemalige Wirtschaftsminister und Vorsitzende der Venstre Lars Sponheim trat noch am Montag von seinem Amt zurück und hat heute sein Interesse bekundet ein Amt als Regierungspräsident (fylkesmann) zu übernehmen.

Für die Liberalen war der Wahlabend eine Zitterpartie. Die ersten Hochrechnungen sahen die Partei noch knapp über 4%, im Laufe des Abends bzw. der Nacht stellte sich jedoch heraus, dass der Sprung ins Partei als Fraktion verfehlt wurde. Die Liberalen – einst stärkste Partei Norwegens – war nach der Abspaltung der unbedeutenden Liberalen Volkspartei und dem erstmaligen Antritt der Fortschrittspartei 1973 lediglich von 1997 bis 2001 und von 2005 bis 2009 im Parlament in Fraktionsstärke vertreten (Wahlergebnisse seit 1945). Bei den Wahlen 1985 und 1989 reichte es nicht mal mehr für ein Direktmandat. Erst 1993 schaffte es Lars Sponheim wieder ein Direktmandat zu erringen.

Der Grund für die Abwahl der Sozialliberalen dürfte sich in der Ablehnung einer Koalition mit der Frp zu suchen sein. Sponheim schloss eine Koalition mit den Rechtspopulisten für seine Partei aus. Die asyl- und ausländerfeindlichen Parolen der „Fortschrittlichen“ waren für eine liberale Partei nicht tragbar. Die bürgerlichen Wähler, die die Venstre 2005 über die 4%-Hürde hievten, um eine bürgerliche Mehrheit zu sichern,  dürften nun zu den Konservativen (oder vereinzelt zur Frp) abgewandert sein. Auch die Christdemokraten, die von 2001 bis 2005 den Statsminister stellten schlossen eine Koalition mit den Rechtspopulisten aus. Wer auf eine bürgerliche Mehrheit setzte wählte diesmal H oder Frp.

So gut wie alle Umfragen seit der Parlamentswahl 2005 sahen eine deutliche Mehrheit für das bürgerliche Lager. Aufgrund des Wahlrechts hätte die rot-rot-grüne Koalition auch bei einem Einzug der Liberalen die Mehrheit verteidigt, obwohl H, Frp, KrF und V mehr Stimmen auf sich vereinigen konnten (wie schon 2005).  Sozialisten und Zentrum mussten in den vergangen Jahren um den erneuten Einzug ins Parlament fürchten. In den letzten Wochen (tlw. Monaten) erholten sich beide und konnten nun den Einzug, trotz Verlusten, sichern.

Statsminister Stoltenberg hat inzwischen angekündigt, die Koalition fortsetzen zu wollen, zuvor waren Gerüchte gestreut worden, dass die Sozialdemokraten gerne die Sozialisten aufgrund deren Energiepolitik loswerden würden. Selbst bei einer Mandatsmehrheit der bürgerlichen Parteien hätte Stoltenberg gute Chancen gehabt weiter im Amt zu bleiben, da das bürgerliche Lager, wie beschrieben, keine Einheit bildete. In Norwegen muss sich der Ministerpräsident nach einer Wahl nicht automatisch einer Neuwahl durch das Parlament stellen, sondern bleibt im Amt, solange das Parlament ihm nicht das Vertrauen entzieht und/oder jemand anders zum Ministerpräsidenten wählt. Mit diesem Wahlergebnis hat sich Norwegen eine politische Hängepartie erspart.

Die Themen des Wahlkampf waren die von der Frp geforderten Steuersenkungen, die Asyl- sowie die Gesundheitspolitik, und somit auch die Verwendung der Ölmilliarden Norwegens. Aufgrund des Reichtums des Landes spielte die Wirtschafts- und Finanzkrise keine Rolle in dem skandinavischen Staat.

Die bürgerlichen Parteien werden in den kommenden fünf Jahren eine neue Strategie entwickeln. Entweder kämpfen sie gemeinsam, was aufgrund des Verhältnisses zwischen Rechtspopulisten und Liberalen/Christdemokraten schwierig sein dürfte, oder die Liberalen versuchen unter neuer Führung zur neuer Kraft zu finden und setzen sich zum Ziel bei der nächsten Wahl die Sozialisten in der Regierung zu ersetzen.

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