Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie wir früher in die Niederlande in den Urlaub gefahren sind.
An der Grenze wurde die Straße breiter. In der Mitte stand ein kleines Häuschen. Dort musste man erst einmal warten. Die Scheibe vom Auto runterkorbeln und seinen Ausweis vorzeigen. Erst dann durfte man in die Niederlande. Bei der Rückfahrt dasselbe Spiel.
Eines Tages, war das Häuschen verschwunden. Kein Warten an der Grenzen. Freie Fahrt.
Das ist Europa. Das ist so viel mehr wert als Auffreger über Ölkännchenverordnungen oder Gurkenkrümmung.
Europa – das ist Freiheit. Das Wohlstand. Das ist Frieden.
Europa ist für uns in der Region zum Alltag geworden. Mal eben nach Rothenbach, nach Vaals zum Einkaufen. Nach Maastricht zum Studium. Ohne lästige Grenzkontrolle.
Dieser Alltag, diese Freiheit ist bedroht. Sie wird bedroht von linken und rechten Nationalisten. Aber auch vermehrt von selbsternannten Konservativen. Sie träumen von verstärkten Grenzkontrollen, von Grenzschließungen. In Bayern hat dies absurde Formen angenommen. Dort patrouilliert eine Grenzpolizei des Landes. Wer Grenzen schließt, legt die Axt an Europa.
Wir dürfen Europa nicht denen überlassen, die es nicht wollen. Wir brauchen liberale Antworten, um Europa zu gestalten.
Wir brauchen eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, die den Namen verdient. Unsere Werte und unsere Interessen zu vertreten; der weltweite Einsatz für Menschenrechte, gelingt nur europäisch. Europa braucht einen starken Außenbeauftragten – und muss mit einer Stimme sprechen. Gerade in Zeiten, in denen das transatlantische Bündnis auf die Probe gestellt wird, Putins Russland seine Nachbarn bedroht und die Türkei sich zur Autokratie entwickelt, braucht es eine starke europäische Stimme.
Wir brauchen eine europäische Asyl- und Migrationspolitik mit klaren Regeln für unsere Außengrenzen. Ohne dabei auf Abschottung zu setzen. Wir brauchen qualifizierte Einwanderung und müssen den Menschen Schutz bieten, die vor Verfolgung oder Krieg flüchten. Nationale Alleingänge bieten keine Lösung. Hier darf sich aber auch kein Mitgliedstaat aus der Verantwortung ziehen.
Wir brauchen mehr Europa für junge Menschen. Weniger Hürden für ein Studium im Ausland. Eine bessere Vergleichbarkeit von Prüfungen und Abschlüssen. Wir brauchen europäische Hochschulen. Wir müssen ebenso die Angebote für Nicht-Akademikern ausbauen. Die Möglichkeiten für Ausbildungen im Ausland müssen verbessert werden.
Die großen Fragen werden wir national nicht lösen – nur europäisch. Das gilt auch für den Klimaschutz, für den digitalen Binnenmarkt oder die Energieunion.
Ín Polen und Ungarn entsteht eine illiberale Demokratie. Pressefreiheit, Rechtsstaatlichkeit, Minderheitenrechte – Grundwerte der Europäischen Union – werden zur Disposition gestellt. In Österreich sitzen Rechtsextreme in der Regierung, die vor Putin auf die Knie fallen. In Italien regieren Populisten, die meinen Europa erpressen zu können.
Das ist die eine Seite in Europa.
In Belgien, Luxemburg, den Niederlanden, Dänemark, Finnland und Estland stellen Liberale den Regierungschef. In Slowenien und Frankreich haben progressive Kräfte die letzten Wahlen für sich entschieden.
Das ist die andere Seite in Europa.
Die Europawahl wird entschieden zwischen zeitgemäßen Progressiven und nationalistischen Isolationisten. Wir haben in der Hand, welches Europa wir wollen. Ein ‚Weiter so‘ kann, darf und wird es nicht geben. Es gibt keinen Platz mehr für ein Europa der Sesselkleber und Schläfrigen. Kämpfen wir für ein effizientes, vereintes und starkes Europa.
(Bewerbungsrede als Europakandidat, Kreispartei FDP KV Düren, 4. Oktober 2018, es gilt das gesprochene Wort)